Wasserstoff
(chem. Symbol H, von griechisch-lateinisch hydrogenium = Wasserbildner). Gasf. Element, Atomgew. 1,00794±0,00007, Ordnungszahl 1. Natürliche Isotope (in Klammern evtl. benutzte Eigennamen und prozentuale Häufigkeit): 1 (Protium, 99,985), 2 (Deuterium, 0,015), 3 (Tritium, Spuren; radioaktiv, HWZ: 12,3a).
In das Periodensystem läßt sich W. nicht eindeutig einordnen: Zum einen stellt ihn seine Elektronegativität zwischen Bor und Kohlenstoff, zum anderen zeigt er Ähnlichkeit mit den Alkalimetallen (H bildet pos. geladene Ionen, Protonen), aber auch mit den Halogenen (er kann z. B. mit Metallen Hydride bilden, s. unten), weshalb man ihm die Oxid.-Stufen +1 (Proton), 0 (atomarer W., H-Radikal) und –1 (Hydrid-Ion) zuspricht.
In wäss. Syst. liegen die Protonen nicht in freier, sondern in hydratisierter Form vor, hauptsächlich als H3O+ (Oxonium, vergleiche Wasserstoff-Ionen). Die IUPAC hat die Benennung der verschiedenen W.-Isotope und W.-Teilchen geregelt[1], wobei die im folgenden an erster Stelle stehende Bezeichnung für unspezifizierten W. (also 1–3H), die an zweiter Stelle stehende für 1H gilt: Hydrogen/Protium (Atom), Hydron/Proton (Kation), Hydrid/Protid (Anion), Hydro/Protio (Gruppe), Hydronierung/Protonierung (Kation-Übertragung), -/Protiierung (Substitution von W. durch ein W.-Isotop); analoges gilt für Deuterium und Tritium.
Atomarer W. wird aufgrund seines quantenmechan. Verhaltens als sog. Quantengas aufgefaßt[2]. Das Spektrum des H-Atoms (Literatur[3], s. a. Abb. 7 bei Spektroskopie) läßt sich mit Hilfe der Serienformeln berechnen. Das H-Atom besteht aus dem Proton als Kern und einem Elektron (1 s1) in der Elektronenhülle (siehe Atombau). Normalerweise liegt W. jedoch als Molekül, H2 (Mr 2,016), vor; die Spins der beiden Kerne können parallel (Ortho-W.) oder antiparallel (Para-W.) ausgerichtet sein; Näheres s. bei Ortho-Para-Isomerie und zu 3-atomigem W. s. Literatur[4]. Da W. das leichteste aller Elemente ist, hatte man nach John Dalton Vorschlag lange Zeit das relative Atomgew. des W. als 1 festgelegt. Das geringe Gew. des W. erklärt auch das hohe Diffusionsvermögen und Effusionsvermögen dieses Gases.
Eigenschaften
Reiner W. ist ein farbloses, geruchloses und geschmackloses, ungiftiges, brennfähiges Gas, Gasdichte 0,0899 g/L (bei 0 °C und 101,3 kPa), 0,06952-fache Luftdichte (25 °C, 101,3 kPa), Dichte 0,0708 (flüssig, bei 101,3 kPa und –253 °C), Schmp. −259,20 °C, Sdp. −252,77 °C, krit. Temp. –239,97 °C, krit. Druck 1,315 MPa, krit. Dichte 0,03012; Explosionsgrenzen in Luft 4–75 Vol.-%. Die Inversionstemp., unterhalb der der Joule-Thomson-Effekt auftritt, liegt bei 193 K. In Wasser ist H2 nur sehr wenig lösl. (100 g lösen bei 20 °C nur etwa 2 mL H2), daher kann man das Gas über Wasser auffangen.
Fester W., Dichte 0,0827 g/cm3 (am Schmp.), krist. hexagonal. Unter extrem hohem Druck (2–3 ⋅ 1011 Pa) soll eine metall., elektr. leitende Phase existieren, Dichte >1 g/cm3 (s. unten).
H2 verbrennt mit kaum sichtbarer, schwach bläulicher Flamme zu Wasserdampf (2H2+O2→2H2O); Gemische aus W. und Luft (mit 4–75 % H2) oder W. und Sauerstoff heißen Knallgas. Der Heizwert des W. beträgt 11 MJ/m3, der Brennwert 13 MJ/m3.
W. verbindet sich – nötigenfalls bei Anw. höherer Temp., Drücke, Katalysatoren – mit den Elementen der 14. bis 17. Gruppe des Periodensyst. sowie mit Bor und Gallium zu flüchtigen oder gasf. W.-Verb., z. B. mit Schwefel zu Schwefelwasserstoff, mit Stickstoff zu Ammoniak, mit Kohlenstoff zu Methan, mit Halogenen zu den Halogenwasserstoffen usw. Die Reaktionen mit O, Cl, Br, I etc. verlaufen als Kettenreaktionen (siehe auch Knallgas und Chlorknallgas). Mit den stark elektropos. Elementen der 1. und 2. Hauptgruppe, z. B. Na oder Ca bildet W. feste, salzartige Hydride. Zahlreiche Übergangsmetalle nehmen W. in z. T. beträchtlicher Menge in fester Lsg. auf, indem H-Atome Zwischengitterplätze besetzen. Ein cm3 Eisen kann z. B. 19, ein cm3 Gold 46, ein cm3 Platin 50 und ein cm3 Palladium gar 500–900 cm3 W.-Gas aufnehmen. Auch FeTi-, CaNi5-, TiCo-, MgNi- u. a. Leg. bilden nichtstöchiometr. Metallhydride. Diese können – da die W.-Aufnahme reversibel ist – als W.-Speicher und damit Energiespeicher genutzt werden[5,6].
Über die Verw. von Pd in Detektoren für W.-Spuren s. Literatur[7]. Die Löseeigenschaften von Metallen für W. sind teilw. auch bestimmend für deren Eignung als Hydrier-Katalysatoren; Beispiel: Raney-Katalysatoren. Da sich durch die W.-Aufnahme bei vielen Metallen die Sprödigkeit erhöht, kann die H2-Löslichkeit ggf. höchst unerwünscht sein; Beispiel: Versprödung von Stählen. Umgekehrt kann man durch Sättigen von Titan mit W. (~50 Mol-% H), Walzen bei erhöhter Temp. und anschließende Entfernung von W. im Vak. ein bes. feinkörniges Metall herstellen (längliche Kristallite, 1–3 μm), das sehr gute mechan. Eigenschaften hat.
Auf viele Metalloxide wirkt W. beim Erhitzen reduzierend; Beispiel: CuO+H2→Cu+H2O. Die chem. Vereinigung eines Stoffes mit W. bezeichnet man in der organ. Chemie als Hydrierung oder ebenso wie in der anorgan. Chemie (Ausnahme: Reaktion von H2 mit Metallen) als Reduktion. Die umgekehrte Reaktion, die Abspaltung von H2, wird in der organ. Chemie Dehydrierung genannt. Im Zusammenhang mit intramol. oder intermol. W.-Übertragungsprozessen oder W.-Wanderungsprozessen (H-Transfer) in der anorgan., organ. oder metallorgan. Chemie spricht man von W.-Donoren und W.-Akzeptoren. Die Spaltung von organ. Verb. durch W. bezeichnet man als Hydrogenolyse.
Unter dem Einfluß von Katalysatoren bzw. Basen findet ein Austausch zwischen gebundenem und gasf. W. statt, was man im Fall der H/D-Austauschreaktionen zur Herst. deuterierter Verbindungen bevorzugt Scrambling nennt, im Fall des H/T-Austauschs zur Herst. tritiierter Verbindungen nach dem Erstanwender Wilzbach-Technik. Der Ersatz von H durch D oder T hat sog. Isotopieeffekte zur Folge. Bei vielen Reaktionen entsteht W. zunächst als metallgebundenes Hydrid-Ion, das wesentlich reaktionsfähiger als mol. W. ist – man spricht hier von W. in statu nascendi. Die Spaltung des H2-Mol. durch sog. stille Entladung (siehe Gasentladung), durch Glimmentladung (Wood-Bonhoeffer-Meth.) oder im Lichtbogen liefert H-Atome (H2+435 kJ⇄2H). Die bei der Rekombination der beiden H-Atome zum H2-Mol. wieder freiwerdende Energie wird z. B. in der Langmuir-Fackel beim Arcatom-Verfahren zum Schweißen hochschmelzender Metalle genutzt.
Vorkommen
Man schätzt den Anteil des W. an der obersten, 16 km dicken Erdkruste einschließlich Wasserhülle und Lufthülle auf etwa 0,74 Gew.-% (hinsichtlich der Häufigkeit steht W. an 9. Stelle zwischen Magnesium und Titan). 1989 betrug der Gehalt als Spurengas-Bestandteil der Atmosphäre durchschnittlich 515 ppb mit steigender Tendenz (Wachstum von ca. 2,7–3,7 ppb/a). Die atmosphär. Lebenszeit wird auf 2 a geschätzt. Der jährliche Zuwachs von rund 90 Mio. t[8] wird zu 30 % auf die Methan-Oxid. (H2C=O → H2+CO), zu 25 % auf die Oxid. anderer Kohlenwasserstoffe, zu 20 % auf anthropogene Quellen und zu 15 % auf Verbrennung von Biomasse zurückgeführt. Die Hauptsenken sind der Boden[9] und die Oxid. durch OH-Radikale.
Die Oxid. von H2 in der Stratosphäre (durch aktivierte O-Atome) hat Auswirkungen auf die Ozon-Bildung (siehe Ozon-Schicht), da der katalyt. OHx-Abbaucyclus (Ozon-Abbau) verstärkt wird. Bemerkenswert ist, daß das vertikale H2-Konz.-Profil prakt. keine Höhenabhängigkeit aufweist[10,11].
Im Spektrum des Nachthimmels bzw. im Polarlicht ist die W.-Linie Hα nachzuweisen. Letzteres entsteht durch Stoßprozesse von H-Atomen, H-Ionen und Gasmol. der Atmosphäre mit schnellen Teilchen der kosmischen Strahlung. Seit den 80er Jahren ist bekannt, daß die Erde nicht nur in 2000–20000 km Höhe von einer dünnen W.-Hülle umgeben ist, sondern daß sich im gesamten Planetensyst. innerhalb und außerhalb der Milchstraße (Magellan-Wolken) als häufigstes Element des interstellaren Raumes W. befindet, der durch Sonnenstrahlung zum Leuchten (Lyman-Serie, siehe Atombau) angeregt wird. Die Sonne besteht zu ca. 84 Gew.-% aus W., der der Brennstoff für die Erzeugung der Sonnenenergie ist.
Freier, elementarer W. kommt in einigen Vulkangasen in 0,1–30 Vol.-% vor; er ist auch in kleinen Mengen in manchen Mineralen und Gesteinen (Granit, Gneis, Basalt, Salzlager) eingeschlossen. Aus Hochdruckexperimenten schließt man, daß W. in metall. Zustand oder in Eisen gelöst im Inneren der Planeten Jupiter und Saturn bzw. im Erdkern enthalten sein könnte[12].
W. tritt überwiegend gebunden auf, so v. a. als Wasser, ferner in Säuren, Laugen sowie in fast allen organ. Verb.; in den letzteren ist W. an Kohlenstoff gebunden (Beispiel: Kohlenwasserstoffe), darüber hinaus auch an O (Beispiel: Alkohole, Carbonsäuren, Hydroperoxide), S (Thiole), N (Amine, Stickstoff-Heterocyclen), P (Phosphine) u. a. Elemente. Mit bestimmten Reagenzien kann man derart aciden und aktiven W. analysieren. Eine Bindung ganz bes. Art liegt in den sog. Wasserstoff-Brückenbindungen vor. Beim sog. Extra-W. oder indizierten Wasserstoff handelt es sich um einen Begriff der chem. Nomenklatur.
Herstellung
Großtechn. zu über 90 % durch petrochem. Prozesse; das wichtigste Verf. ist die katalyt. Dampfspaltung (steam reforming) von Erdgas (Methan) oder leichten Erdölfraktionen:
daneben auch die partielle Oxid. von schwerem Heizöl:
2 CnH2n+2+nO2→(2n+2) H2+2n CO.
Bis zum 2. Weltkrieg wurde die Hauptmenge des W. durch Kohlevergasung erzeugt:
das im entstandenen Wassergas enthaltene CO wird unter Gewinnung von zusätzlichem W. konvertiert (Konvertierung):
u. das gebildete CO2 durch Waschprozesse abgetrennt; siehe auch Synthesegas.
Die Wasserelektrolyse (insgesamt ca. 4 % der weltweiten H2-Produktion) spielt für die techn. W.-Gewinnung nur eine Rolle, wenn billige elektr. Energie verfügbar ist, etwa in der Nähe von Staudämmen, z. B. in Assuan/Ägypten, bei höheren Reinheitsansprüchen, z. B. in der Lebensmitteltechnologie, oder für Kleinverbraucher. Die elektrolyt. Zerlegung des Wassers (mit Zusatz von Kaliumhydroxid zur Erhöhung der Leitfähigkeit) erfolgt an Elektroden, die durch ein gasundurchlässiges Diaphragma getrennt sind, bei 80–85 °C und einer prakt. Zers.-Spannung von 1,9–2,3 V:
Techn. ist meist eine Vielzahl bipolar verschalteter Einzelzellen nach dem Filterpressenprinzip in Blöcken zusammengefaßt. Der effektive Stromverbrauch von rund 4,5 kWh/m3 H2 kann durch Arbeiten unter erhöhtem Druck um 20 % gesenkt werden (Zdansky-Lonza-Verfahren). Eine Übersicht über moderne Elektrolyseprozesse findet man in Literatur[13].
In beträchtlichen Mengen fällt H2 als Nebenprodukt von petrochem. Prozessen in Raffinerien und Kokereien an sowie bei manchen chem. und elektrochem. Verf., z. B. der Chloralkalielektrolyse. Von anderen Verf. zur W.-Erzeugung erscheinen die therm. Spaltung von W. (bei >2000 °C) oder die chem. Spaltung (mit Hilfe eines im Kreislauf geführten Hilfsstoffes) zu aufwendig, z. B.:
Zu einer künftigen biochem. W.-Produktion durch Mikroorganismen, z. B. Cyanobakterien, s. Literatur[14,15].
Im Laboratorium kann W. hergestellt werden durch Auflösen von unedlen Metallen (z. B. Zink) in Salzsäure oder 15–20 %iger Schwefelsäure im Kippschen Apparat (wenn reine Metalle nicht leicht angegriffen werden, gibt man etwas Kupfersulfat-Lsg. als Katalysator dazu) oder durch Elektrolyse von Wasser im Hofmannschen Zersetzungsapparat. Reinsten W. erhält man, wenn man unreinen W. durch Palladium-Silber-Membranen oder eine Palladium-Wand diffundieren läßt; es wandert nur der reine W. durch Palladium, die Verunreinigungen bleiben zurück. Die Entfernung evtl. vorhandener Sauerstoff-Reste aus Handels-W. kann auch am heißen Cu-Draht oder am Meyer-Ronge-Katalysator vorgenommen werden; Näheres auch über andere Laboratoriumsmeth. zur Gewinnung von reinem W. s. Literatur[16].
W. kommt in Stahlflaschen (Bomben, Farbe rot, Linksgewinde) oder Flaschenbündeln unter z. B. 20 MPa Druck in den Handel, oder er wird flüssig (kyrogen) bei –253 °C in hochisolierten Drucktankwagen transportiert. Im Rhein-Ruhr-Gebiet wird ein über 200 km langes (Druck-)Rohrleitungsnetz im Verbund mit 14 W. erzeugenden und verbrauchenden Werken betrieben. Der größte Teil des produzierten W. wird direkt beim Erzeuger weiterverarbeitet.
Physiologie
Im Stoffwechsel laufen zahlreiche, durch Enzyme (Dehydrogenasen, Hydrogenasen, Oxidoreduktasen) katalysierte W.-Transfer-Reaktionen ab, wobei Coenzyme (NAD, FAD) als intermediäre W.-Akzeptoren bzw. W.-Donoren fungieren. W. ist biolog. außerordentlich wichtig; weitaus die meiste Muskelenergie, die von Organismen entwickelt wird, stammt nicht etwa aus der Oxid. des C zu CO2, sondern aus einer stufenweisen Oxid. des an C-Ketten (in Kohlenhydraten, Fetten) gebundenen W., der im menschlichen Organismus einen Anteil von 10 % des Körpergew. hat: Ein 70 kg schwerer Mensch enthält also ca. 7 kg W., gebunden in organ. Verb. und Wasser. Auf der Messung und bildlichen Darst. der Wasserverteilung im Organismus beruht übrigens die sog. Kernspin-Tomographie (NMR-Imaging).
Gasf. W. entsteht in geringen Mengen im Dickdarm durch Einwirkung bestimmter Bakterien.
Nachweis
Qual. durch Verbrennung (Nachw. des H2O als Reaktionsprodukt), Knallgasprobe, W.-Spektrum; quant. durch Gasanalyse, Elementaranalyse, Gaschromatographie u. a. Methoden. Die W.-Bestimmung in Metallen ist durch Aktivierungsanalyse möglich[17]. Na in feindispergierter Form und Methylmagnesiumiodid (Zerewitinoff-Reagenz) sind selektive Reagenzien zur Bestimmung des sog. aktiven Wasserstoffs in Amiden, Alkoholen, Phenolen und Sulfonamiden. Im Bereich von 0,5–3 Vol.-% ist die Bestimmung auch mit Prüfröhrchen möglich.
Verwendung
Zur Synth. von Ammoniak, in Raffinerieprozessen zur Herstellung von Benzin und Crackprodukten der Petrochemie, zur Methanol-Synth., zur Fetthärtung u. a. Hydrierungen, als Red.-Mittel zur Gewinnung von W, Mo, Co u. a. Metallen, als reduzierendes Schutzgas bei metallurg. Prozessen, zum autogenen Schweißen und Schneiden, als Brenngas in Mischung mit anderen Gasen (Stadtgas, Wassergas), verflüssigt als Treibstoff in Luftfahrt und Raumfahrt[18], als Rohstoff in thermonuklearen Reaktionen. In Deutschland wurden 1997 3,0 Mrd. m3 W. produziert, von denen 1,27 Mrd. m3 für den Absatz bestimmt waren[19].
Wasserstoffwirtschaft ist die Bezeichnung für ein künftiges „umweltfreundliches“ Energieversorgungssyst., das zunehmendes Interesse findet in Anbetracht des steigenden Energieverbrauchs durch Bevölkerungswachstum und Nachholbedarf der Entwicklungsländer bei begrenzten Ressourcen fossiler Energieträger und v. a. wegen der mit deren Verw. verbundenen CO2-Problematik (siehe Kohlendioxid).
W. ist eine Sekundär-Energiequelle. Zu seiner Bereitstellung steht neben der Kernenergie die Sonnenenergie, einschließlich der Wasserkräfte und Windkräfte sowie die nachwachsende Biomasse unerschöpflich zur Verfügung; Wasserkraft hat dagegen nur eine geringe Energiedichte. Insbesondere ist die Kopplung von Photovoltaik in Sonnenkraftwerken mit Wasserelektrolyseanlagen zur Erzeugung von W. hervorzuheben[20-22]; hierzu wird in Deutschland ein breites Forschungsprogramm bearbeitet, u. a. mit einem 430 kW-Projekt der Bayernwerke AG in der Oberpfalz[23].
Bei seiner Verbrennung liefert W. neben geringen NOx-Mengen nur H2O, das keine Umwelt- und Entsorgungsprobleme aufwirft. Als Kraftstoff kann W. anstelle von Kohlenwasserstoffen in Verbrennungsmotoren[24], als Brennstoff in Heizungsanlagen, Gasturbinenkraftwerken und Dampferzeugern anstelle fossiler Energieträger verwendet werden. Bereits ein Zusatz von 10–20 Vol.-% W. bei der Verbrennung von Erdgas (entsprechendes gilt auch für Benzinmotoren) kann CO-Emissionen und NOx-Emissionen um bis zu 50 % vermindern. Der 1997 vom US-Kongreß gebilligte Hydrogen Future Act und verwandte Programme fördern die Verw. von W. als Energieträger im Transportsektor.
In Brennstoffzellen läßt sich elektr. Energie direkt aus W. erzeugen. Der Nutzungsgrad ist bei dieser Form der Energieumwandlung 2–3mal so hoch wie im Verbrennungsmotor. Mit NECAR I, II und III stellte Daimler-Benz 1994, 1996 und 1997 drei Fahrzeuge mit W.-Brennstoffzellen vor. Seit 1997 fahren in Chicago und Vancouver einige Busse mit Brennstoffzellen, in denen W. in Drucktanks mitgeführt wird. Optimist. Schätzungen zufolge könnte bei genügend großer Abnahmemenge der Energiepreis (unbesteuert) der W.-Brennstoffzelle nur wenig über dem des Benzinmotors (besteuert) liegen[24].
Trotz vorhandener Erfahrungen in der Raumfahrt und bei einzelnen Verf.-Schritten sowie eines hohen Entwicklungspotentials ist man vom Ziel einer umfassenden W.-Technologie noch weit entfernt, insbesondere sind heute die Gewinnung von Solarstrom und die Herst. und Verw. von W. noch zu teuer. Man sieht zwar Marktnischen, z. B. in einer dezentralen und netzunabhängigen Stromversorgung einzelner Wohngebiete und entlegener Ansiedlungen sowie auch einen größeren Markt in rohstoffarmen Entwicklungsländern, jedoch kann nach Literatur[25] W. nicht als das Energiemittel der Zukunft zu betrachten sein, das die herkömmlichen Energieträger verdrängt.
Recht
Zulassung: Allgemein zugelassener Zusatzstoff (Anlage 3 zu § 5 Abs. 1 und § 7 ZZulV 1998).
Reinheitsanforderungen: Nach Richtlinie 96/77/EG vom 2.12.1996, Amtsblatt der EG Nr. L 339 vom 30.12.1996, S. 1 (geändert).
Weitere rechtliche Regelungen: Olivenölmerkmale-Verordnung 2568/91/EWG Anhang IV und V; Weinverordnung Anlage 2.
Geschichte
Henry Cavendish entdeckte 1766 den W. bei der Auflösung von Metallen in Säuren; er erkannte 1781 auch, daß aus der Verbrennung von W. Wasser hervorgeht. Antoine Laurent de Lavoisier fand schon 1783 heraus, daß aus heißem Eisen und Wasserdampf Eisenoxid und W. entstehen. Er benannte das Element „hydrogène“ nach griechisch hydor = Wasser und ...gen; hiervon leitet sich auch der dtsch. Name W. ab. Ende des 18. Jahrhunderts wurden die ersten mit W. gefüllten Ballons konstruiert[26]. Die erste elektrolyt. W.-Herst. (durch Elektrolyse von angesäuertem Wasser) erfolgte 1789 durch den Holländer van Troostwijk, die erste W.-Sauerstoff-Flamme wurde von R. Hare 1802 benutzt, die erste katalyt. Hydrierung 1897 von Paul Sabatier und Senderens ausgeführt. 1932 folgte die Entdeckung des Deuteriums durch Harold Clayton Urey, 1934 die des Tritiums durch Sir Mark Laurence Elwin Oliphant, Paul Harteck und Sir Ernest Rutherford.
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International Association for Hydrogen Energy, Coral Gables, FL; http://www.iahe.org [Prüfdatum 26.05.2004]
(GESTIS) |
Übersetzungen:
E | hydrogen |
F | hydrogène |
I | idrogeno |
S | hidrógeno |